Heute stehen dank moderner Psychotherapieverfahren und moderner Psychopharmaka Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.

Angststörungen sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Etwa 15 bis 25 % der Menschen leiden im Laufe ihres Lebens an einer Angsterkrankung. Bei Frauen stellt die Angststörung mittlerweile die häufigste psychische Störung dar. Bei Männern steht die Angststörung direkt hinter Alkoholproblemen auf Rang zwei.

Oftmals löst diese psychische Störung weitere gravierende psychische Störungen aus, wie Depressionen oder eine Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit.

Angst ist ein natürlicher Instinkt, der den Menschen vor zu schnellem oder unüberlegtem Handeln schützt. Es ist völlig normal, dass bestimmte Alltagssituationen Angst hervorrufen können, sei es ein dunkler Keller, Prüfungsangst etc. Der Körper reagiert darauf mit einer Art Frühwarnsystem und es heißt dann: „Achtung, erhöhte Aufmerksamkeit!“

Zur Diagnostik einer Angststörung ist eine ausführliche Differenzialdiagnostik durch einen Facharzt notwendig. Zu den häufigen somatischen Differenzialdiagnosen der Angsterkrankungen gehören unter anderem: Lungenerkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen (Angina pectoris, Myokardinfarkt, Synkopen, Arrhythmien), Neurologische Erkrankungen, Sklerose, Tumore und Endokrine Störungen.

Neurobiologische Aspekte der Angst

Die aktuellen biologischen Theorien gehen davon aus, dass Menschen, die an einer Angsterkrankung leiden, eine höhere biologische Anfälligkeit (Vulnerabilität) für Ängste haben. Zum Beispiel scheint bei ihnen das so genannte autonome Nervensystem, das die Funktionen der inneren Organe wie Herz, Verdauung oder Atmung steuert, besonders leicht durch verschiedene Reize erregbar zu sein. Dies kann dazu führen, dass die Betroffenen körperliche Anzeichen von Angst stärker wahrnehmen als andere und dann auch eher mit Angst darauf reagieren (Herzklopfen, Zittern, Atemnot, Druck auf der Brust).

Bei der Angstreaktion sind bestimmte Gehirnregionen beteiligt. Dazu gehören zum Beispiel die Amygdala, der Hippocampus und der präfrontale Cortex. Die Amygdala (Mandelkern) ist direkt an der Entstehung von Angst beteiligt, während der Hippocampus mit Lern- und Gedächtnisprozessen zu tun hat.

Auf der Ebene der Nervenzellen (Neurone) spielen verschiedene Neurotransmitter – also Botenstoffe, die die Signale von einer Nervenzelle zur anderen weitergeben – bei der Entstehung von Angst eine Rolle. Man nimmt an, dass bei starken Ängsten bestimmte Botenstoffe entweder in zu großer oder zu geringer Menge vorhanden sind. Dazu gehören die Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin, sowie der hemmende Neurotransmitter GABA (Gamma-Amino-Buttersäure).

Weiterhin spielt die Genetik eine wichtige Rolle. Deutsche Wissenschaftler entdeckten ein Angst-Gen. Die Gene alleine sind jedoch nicht entscheidend.
Eine Angsterkrankung beruht, wie fast jede psychische Erkrankung, auf einer Interaktion von biopsychosozialen Faktoren.

Therapie auf mehreren Ebenen

Wie die neue S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen feststellt, benötigen die meisten Patienten, die unter einer Angsterkrankung leiden, eine Kombination aus Psychotherapie und Pharmakotherapie.

Eine vertrauensvolle Beziehung zum Psychiater und Psychotherapeut ist eine wesentliche Grundlage für den Erfolg der Therapie. Einige allgemeine Hinweise zur Alltagsgestaltung können dazu beitragen, dass der Patient von seinen pathologischen Sorgen wieder loskommt. Dazu gehören: Verbesserung der Schlafhygiene, Entspannungsübungen, Sport und Einschränkung des Kaffeekonsums. Dies sind jedoch nur ergänzende Maßnahmen, eine manifeste Angsterkrankung kann der Patient nicht in Eigenregie behandeln. Wie bei anderen psychischen Erkrankungen braucht er professionelle Unterstützung.

Medikamente bei Angsterkrankungen

Manchmal ist die Angst so stark, dass gar nichts mehr geht. Welche Medikamente hier eingesetzt werden, ist verschieden. Vielen Patienten werden Antidepressiva verschrieben, da diese Medikamente eine sehr gute Wirkung auf Angsterkrankungen zeigen. Für mittelschwere und schwere Angsterkrankungen sind die Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) angezeigt. Wieder andere Patienten erhalten über kurze Zeit Beruhigungsmittel.

Oft ist zu Beginn der Behandlung eine Kombination von beiden Medikamenten notwedig. Antidepressiva entfalten ihre volle Wirkung jedoch erst nach ca. 3 bis 4 Wochen.

Psychotherapie, professionelle therapeutische Hilfe

Heute stehen dank moderner Therapieverfahren, insbesondere der Kognitiven Verhaltenstherapie, wirksame Therapiemöglichkeiten zu Verfügung.
Die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) gilt als Therapie der Wahl und stellt aktuell die beste Methode für die Behandlung von Angsterkrankungen dar. Aktuell gibt es viele hochwertige Studien, welche die Wirksamkeit dieses Therapieverfahren belegen.

Eine relativ neue Form der Verhaltenstherapie ist die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT). Hier lernt der Patient, seine Gedanken und Gefühle wertfrei zu betrachten und ganz in Achtsamkeit im Augenblick zu sein. Ziel ist es, das Leben nach seinen eigenen Werten auszurichten – und sich von der Angst nicht vom Weg abbringen zu lassen.

Laut aktueller Richtlinien sollte bei Patienten mit einer Angsterkrankung eine psychodynamische Psychotherapie angeboten werden, wenn sich eine KVT nicht als wirksam erwiesen hat, nicht verfügbar ist oder wenn eine diesbezügliche Präferenz des informierten Patienten besteht.
Das Ziel in der modernen Psychiatrie ist eine komplette Remission der Angstsymptomatik des Patienten.