Die generalisierte Angststörung (GAS) ist mit einer Lebenszeitprävalenz von 4,3–5,9% eine häufige und schwerwiegende Erkrankung, die in der Primärversorgung häufig unterdiagnostiziert wird.

Die generalisierte Angststörung (GAS) ist eine häufige und schwerwiegende Erkrankung. Die diagnostischen Kriterien nach ICD-10 werden im Kasten 1 und eKasten 1 dargestellt. Charakteristisch für diese Angsterkrankung sind Sorgen, die sich auf reale Gefahren beziehen (wie der Möglichkeit, dass der Ehepartner einen Autounfall haben könnte), wobei deren Eintrittsrisiko stark überschätzt wird und die negativen Konsequenzen katastrophal ausgemalt werden. Diese Besorgnisse können sich rasch auf zahlreiche Bereiche generalisieren, wie auf die gesundheitliche, partnerschaftliche, berufliche oder finanzielle Situation des Betroffenen oder nahestehender Personen. Typisch ist ein Absicherungs- und Vermeidungsverhalten. So werden als gefährlich eingeschätzte Unternehmungen wie beispielsweise Reisen aufgeschoben oder vermieden. Die Befürchtungen führen zu den körperlichen Ausdrucksformen der Angst, die oft zu ausführlichen organmedizinischen Abklärungen Anlass geben.

Nach einer WHO-Studie ist die generalisierte Angststörung die häufigste Angststörung in Allgemeinarztpraxen (Ein-Monats-Prävalenz 7,9% nach dem ICD-10, 5,3% nach dem strengeren DSM-IV). Die wenigsten Betroffenen nennen „Angstprobleme“ als Konsultationsgrund. Nach verschiedenen Autoren weisen 85-91% der Betroffenen mindestens eine weitere Störung auf, mehrheitlich eine zusätzliche Angststörung. Am häufigsten finden sich gleichzeitig eine spezifische Phobie (29-59%) oder eine soziale Phobie (16-33%). Ein schweres depressives Syndrom (14%) sowie eine Dysthymie (6-33%) waren seltenere Zweitdiagnosen. Rund 15% hatten als Kind eine Phobie.

Differenzialdiagnose

Die Ängste bei einer generalisierten Angststörung weisen vielfältigste Inhalte auf und sind nicht auf bestimmte Themen begrenzt, wie dies bei anderen Angststörungen der Fall ist: Angst vor einer Panikattacke (Panikstörung), Angst vor fehlender Fluchtmöglichkeit (Agoraphobie), Angst vor Kritik (Sozialphobie), Angst vor Verunreinigung (Zwangsstörung), Angst vor dem Wiedererleben bestimmter traumatisierender Erfahrungen (posttraumatische Belastungsstörung), Angst vor einer ernsthaften Erkrankung (Hypochondrie), Angst vor vielfältigen Körpersymptomen (Somatisierungsstörung).

Im Vergleich zu Panikpatienten stehen bei Menschen mit einer generalisierten Angststörung andere Sorgen als um eine Panikattacke sowie andere körperliche Beschwerden im Vordergrund: Übelkeit, Kopfschmerzen, Anspannung, Schlafstörungen.

Im Vergleich zu Sozialphobikern, die sich „nur“ vor sozialen Situationen fürchten, in denen sie etwas leisten müssen und beurteilt werden könnten, sind die Ängste unabhängig von sozialen Situationen.

Im Vergleich zu Depressiven klagen die Betroffenen weniger über Interessenverlust, Niedergeschlagenheit oder psychomotorische Verlangsamung und grübeln auch weniger über Selbstmord oder Schuldthematiken; die Sorgen sind auch nicht auf die Vergangenheit gerichtet.

Gegenüber Menschen mit einer Zwangsstörung lässt sich das ständige Sorgen von Personen mit einer generalisierten Angststörung klar abgrenzen. Die Sorgen sind realistischer, ich-näher und weniger aufdringlich als das Grübeln. Es bestehen auch keine Sorgen um Verunreinigung oder Ansteckung.

Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung wird keine generalisierte Angststörung diagnostiziert, wenn die Ängste nur im Verlauf derselben auftreten.

Die Diagnose einer „generalisierten Angststörung“ trifft dann zu, wenn die Besorgnis und Anspannung bezüglich alltäglicher Ereignisse mindestens 6 Monate vorhanden ist und verschiedene körperliche und psychische Symptome vorliegen, zum Beispiel:

  • Herzklopfen
  • Schweißausbrüche
  • Kribbeln im Magen
  • Schwindel
  • Angst, verrückt zu werden oder zu sterben
  • Hitzegefühl oder Kälteschauer
  • Muskelverspannungen
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Reizbarkeit
  • Einschlafstörungen

Die Betroffenen versuchen oft, Auslöser für die Ängste (z.B. Berichte über Unfälle) zu vermeiden oder versuchen, sich zum Beispiel bei ihren Angehörigen zu versichern, dass es diesen gut geht und nichts passieren wird. Da Angehörige die Sorgen auch oft als belastend erleben, kann es zu Konflikten kommen.