In Europa erkranken etwa 3% der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens an einer klassischen manisch-depressiven Erkrankung (sogenannte Bipolar-I-Störung).

Bipolare Störungen sind charakterisiert durch das wechselweise Auftreten von manischen und depressiven Episoden. Trotz dieser unterschiedlichen Symptomatik handelt es sich bei der bipolaren Störung aber um eine Erkrankung.

Alle Menschen kennen Stimmungsschwankungen. Es gibt Tage, an denen man sich in niedergedrückter Stimmung befindet, an denen alles anstrengend erscheint und das Selbstbewusstsein „angeknackst” ist. In Zeiten, in denen man z. B. verliebt ist, fühlt man sich dagegen beschwingt und euphorisch, alles geht einem in unbeschwerter und heiterer Stimmung leicht von der Hand.

Bei der bipolaren oder auch manisch-depressiven Erkrankung gehen diese Stimmungsschwankungen weit über das normale Maß hinaus und sind unabhängig von den Lebensumständen.

Genetik

Es gibt nicht nur eine Ursache für die bipolare Erkrankung. Genetische Faktoren spielen eine große Rolle, denn die Wahrscheinlichkeit, dass Verwandte 1. Grades eines Menschen mit einer bipolaren Erkrankung ebenfalls erkranken, ist etwa siebenmal größer als in der übrigen Bevölkerung. Doch auch andere psychische Erkrankungen, wie die unipolare Depression, Angst und Suchterkrankungen kommen in Familien bipolar erkrankter Menschen vermehrt vor. Generell ist das Risiko in irgendeiner Form an einem Gemütsleiden zu erkranken für die blutsverwandten Angehörigen um das 15 – 20-fache erhöht.

Auslösefaktoren

„Stress“ ist ein wichtiger Faktor für die Auslösung einer bipolaren Erkrankung. Aus Erfahrungsberichten vieler Patienten weiß man, dass den Krankheitsepisoden häufig belastende Lebensereignisse oder Situationen, die als stressreich erlebt werden, vorangehen. Dabei ist es ganz individuell, was der einzelne unter Stress versteht, bei manchen ist es Druck am Arbeitsplatz, andere empfinden die Vorbereitung einer Geburtstags- oder Hochzeitsfeier als enorm stressreich. Bei wieder anderen kommt es zu sogenannten „Entlastungsepisoden“, z. B. nach einer bestandenen Prüfung oder dem erfolgreich abgelegten Abitur.

Diagnose

Die Diagnose ergibt sich aus den aktuellen psychischen Beschwerden und Verhaltensänderungen, die Betroffene beschreiben. Schon in dieser Phase hat es sich als hilfreich erwiesen, mit ihrer Zustimmung Angehörige oder Freunde mit einzubeziehen. Durch diese zusätzliche Information kann der bisherige Verlauf besser abgeschätzt werden, sowie auch Stimmungsschwankungen, die ihnen selbst vielleicht als „normal“ erscheinen, jedoch der Umwelt auffallen. Dies ist wichtig, denn oft unterscheiden sich erlebtes und beobachtetes Verhalten voneinander.

Man unterscheidet die

  • Bipolar I-Störung: nach einer manischen Episode, die mindestens 7 -14 Tage andauert, tritt eine depressive Episode auf.
  • Bipolar II-Störung: nach einer depressiven Episode tritt eine hypomanische oder das Vollbild einer manischen Episode auf.

Weiterhin werden rapid cycling, ultra rapid cycling und ultra ultra rapid cycling unterschieden, hierbei handelt es sich um Störungen, bei denen sich die Episoden rasch innerhalb von wenigen Tagen bis mehrmals pro Tag bzw. Stunde abwechseln. Eine ausführliche Diagnostik und gezielte Behandlung für viele Jahre sind erforderlich.

Während der hypomanischen und manischen Episoden bestehen häufig kein Leidensdruck und keine Behandlungsmotivation, es kann jedoch zu einer Steigerung bis in das Vollbild einer Manie oder zu einem raschen Wechsel in die Depression bis hin zu einer suizidalen Krise kommen.

Eine medikamentöse Therapie zur Phasenprophylaxe mit einem stimmungsstabilisierenden Medikament (z.B. Lithium, Valproinsäure, Lamotrigin, Quetiapin) ist oft erforderlich insbesondere bei häufigem Phasenwechseln.
Bei häufigen, schweren depressiven Episoden ist zusätzlich ein Antidepressivum erforderlich.
Eine Psychotherapie kann zur Unterstützung und zur Krankheitsbewältigung hilfreich und erforderlich sein.